Zahnschmerzen sind Strafe genug – Zahnärzte fordern die Abschaffung der Praxisgebühr

Eingeführt im Jahre 2004 sollte die quartalsweise Zahlung der Praxisgebühr in Höhe von 10,00 € eigentlich dazu dienen, die gesetzliche Krankenversicherung kurzfristig finanziell zu entlasten. Dieser finanzielle Mehraufwand sorgte von Anfang an für Unruhen bei den Versicherten. Nun sprechen sich auch immer mehr Zahnärzte für die Abschaffung der Praxisgebühr aus.

Warum wurde die Praxisgebühr eingeführt?

Gründe für die Einführung der Praxisgebühren am 01. Juli 2004 waren:

  • Die gesetzlichen Krankenkassen sollten finanziell entlastet werden
  • Patienten sollten eine höhere Selbstverantwortung ausüben – es sollten keine unnötigen Arztbesuche erfolgen
  • Fachärzte sollten nur nach Überweisungen vom Hausarzt aufgesucht werden

Welche Gründe sprechen für die Abschaffung der Praxisgebühr?

Wie von den Krankenkassen gewollt, gehen die Patienten nunmehr zuerst zu ihrem Hausarzt, anstatt direkt einen Facharzt aufzusuchen. Daher stieg die Zahl der Überweisungen seit der Einführung der Praxisgebühr um 40%. Dies verursacht einen enormen Verwaltungsaufwand in den Arztpraxen, welcher dazu führt, dass in der Zeit, die für Verwaltungsaufgaben aufgewendet werden muss, keinerlei Honorar erwirtschaftet werden kann.

Des Weiteren ergab eine von der Bertelsmann-Stiftung im Jahr 2005 in Auftrag gegebene Studie, dass die Praxisgebühr insbesondere für einkommensschwache und ältere Patienten eine besondere Härte darstellt. Diese werden von der Praxisgebühr abgeschreckt und sparen Arztbesuche ein, was zukünftig gesundheitliche Auswirkungen haben könnte.

Weiter ist die Abgrenzung zu Vorsorgeuntersuchungen und –behandlungen verwaltungstechnisch schwierig zu lösen. So muss der Patient bei Anmeldung die Praxisgebühr hinterlegen, obwohl nicht sicher feststeht, dass diese auch tatsächlich anfällt. Dieses Problem betrifft vor allem die Zahnärzte. In der Regel steht nämlich vor der Vorsorgeuntersuchung nicht fest, ob Behandlungsleistungen anfallen, die der Praxisgebühr unterliegen.

Da die Praxisgebühr von den Kassenärzten als zusätzliche bürokratische Belastung angesehen wird, fordern diese die Abschaffung. Nicht nur das Ausstellen der Quittungen stellt einen Mehraufwand dar, auch muss das zusätzlich eingenommene Bargeld wegen Einbruchs- und Diebstahlgefahr aufwendig verwahrt werden. So fallen folgende Verwaltungsarbeiten zusätzlich in den Praxen an, deren Kosten bis zu 5,00 € pro Patient betragen:

  • Kassieren
  • Quittungen ausstellen
  • Dokumentation in der EDV
  • Führen des Kassenbuches
  • Zählen der Bargeldeinnahmen
  • Überprüfung der Kasse auf Differenzen

Alle Zahnärzte sind Hauszahnärzte

Mehrere Studien und Untersuchungen haben in den vergangenen Jahren ergeben, dass Patienten ihren Zahnärzten „treu“ bleiben und nur eine geringe Wechselbereitschaft besteht. Hier findet kein, wie von den Krankenkassen behauptetes, „Doktor-Hopping“ statt. Somit verfehlt die Praxisgebühr im Bereich der zahnärztlichen Leistungen ihren Zweck. Sie dient lediglich dazu, den milliardenschweren Überschuss der Krankenkassen zu vergrößern und den Arztpraxen Verwaltungsaufwand aufzubürden.

Der Vorreiter

Als erste Krankasse bundesweit schafft die Hanseatische Krankenkasse (HEK) die Praxisgebühr für Zahnarztbesuche ab, um so ihre Versicherten am vorhandenen Überschuss teilhaben zu lassen. Ob die Entscheidung der Krankenkasse Nachahmer findet, wird sich mit der Zeit zeigen – der Vorsitzende des Vorstandes der Kassenärztlichen Bundesvereinigung spricht sich jedenfalls klar für die Abschaffung der Praxisgebühr aus.

Geschrieben von Bettina Huber